Wer fragt denn eigentlich mich?

Meine Freunde darf ich nicht treffen, meine beste Freundin deshalb nicht, weil ich in die Notbetreuung muss und ich ihren Eltern zu viele Kontakte habe. Meine Eltern müssen nämlich arbeiten. Mir ist oft langweilig.

Schule finde ich anstrengend. Entweder sitze ich vor einem Berg Arbeitsblätter. Bereits beim zweiten habe ich keine Lust mehr. Oft schon bei der zweiten Frage, weil ich diese nicht verstehe. Oder aber ich habe nichts zu tun, weil die anderen mit meiner Klassenleitung zoomen. Ich bin aber ja in der Notbetreuung, da kann man nicht zoomen. Meine Eltern sagen am Abend: Hast du alles gemacht, was die Lehrer*innen wollten? Klar, antworte ich. Sonst machen sie sich ja auch noch Sorgen. Aber eigentlich weiß ich: Gelernt habe ich in den letzten Monaten wenig. Oder jedenfalls nicht das, was ich hätte lernen sollen. Ich beneide jeden, der gerne Arbeitsblätter macht.

Doch am blödesten finde ich, dass ich keinen Sport machen darf. Nur zu Hause Liegestütze. Wie langweilig. Unser Fußballtrainer hat uns schon ein paar Dinge genannt, die wir tun könnten, aber das macht doch keinen Spaß. Ich will dem Ball hinterherlaufen, den Gegner austricksen und Tore schießen. Von mir aus jede Woche mit den gleichen Kindern und drei gegen drei und nicht elf gegen elf.

Ideen hätte ich schon, wie das gerade alles anders laufen könnte. Aber es muss ja gerade alles so nah wie möglich an „normal“ sein. Oder aber es geht gar nicht. Ich habe die Idee, dass man manches doch ganz einfach ganz anders hätte machen können. Das ganz besondere Corona-Schuljahr. Mit Pfiff und Kreativität, mit anderen Fächern und ohne Druck. Aber wer fragt denn eigentlich mich?


Zu diesen Gedanken eines Schülers / einer Schülerin fällt mir der von Konfirmand*innen gerne gewählte Konfirmationsspruch ein:

Ja, mit dir kann ich Festungen erstürmen.
Mit meinem Gott springe ich über Mauern.
(Psalm 18,30 – Basisbibel)

Carolin Lochner, Schulreferentin im Dekanatsbezirk München